Wir hauen in den Sack
Fiete Stegers am Dienstag, den 10. Juli 2007G8-Gipfel? Auch schon wieder einen Monat her. Was war da noch? Irgendwas mit George Bush und Klima, oder so. Angie, die große Gewinnerin. Gute Stimmung der Großen im Strandkorb - die Bilder, die die Bundesregierung und das Land Mecklenburg-Vorpommern vorzeigen wollten.
Bunte Clowns und unförmige Stormtrooper in Grün und Schwarz. Zwischen ihnen manchmal Szenen, die nicht so aussahen, wie sich die Inszenierenden das vorstellten, die aber doch irgendwie zwingend zur Inszenierung dazugehörten. Am Rande: Bundeswehr im Inlandseinsatz, Käfighaltung und eigene NGO-Inszenierungen. Dazwischen immer wieder Leute mit gelben Bändchen, die aus Heiligendamm auch was mitnehmen durften: einen schönen Sack.
Wir gehörten auch zu den Leuten mit den gelben Bändchen, die das Pressezentrum bevölkerten. Genauer gesagt, sogar zu denen, die es sogar ab und zu verließen. Wir waren uns natürlich schon im Vorfeld bewusst, dass es sich bei dem Gipfel vor allem um ein Medienereignis handelt. Dieses im vollen Ausmaß dann mitzuerleben, ist aber dann doch noch mal was anderes. An die Klassentreffensatmosphäre - wenn tausende Journalisten vor Ort sind, läuft man im Pressezentrum dauernd näher und entfernter bekannten Kollegen über den Weg - in Journalistenhausen hätte ich vorher nicht gedacht.
Dass man im Pressenzentrum angenehme technische und organisatorische Rahmenbedingungen gestellt bekommen würde, dafür aber vom eigentlichen Geschehen weit weg sein würde, war auch schon vorher klar. Trotzdem erstaunlich: Wie wenig Zeit die Tagsordnung der Politiker lässt, wenn man ihre diversen Foto-Termine abzieht. Wie die deutsche Delegation mit Vorliebe zu ausgewählten Edeljournalisten spricht und zu jenen von kleineren Medien, die vorher dem Bundespresseamt lange genug in den Ohren gelegen habe. Wie schwierig es tatsächlich ist, auch von vor Ort einigermaßen einen Überblick über das Geschehen zu behalten - Termine überschneiden sich, Demonstrationen finden an verschiedenen Orten statt, Konfrontationen ereignen sich unerwartet, Sicherheitskontrollen und Straßenblockaden verhindern, dass man als Journalist zwischen den einzelnen Schauplätzen hin- und herrauscht. Zumal, wenn man zwischendurch immer noch sein Medium mit aktuellen Berichten bedienen muss. Da erscheint der Personalaufwand etwa der Fernsehsender schon gerechtfertigt, man kann nachvollziehen, warum sich Kollegen für den Überblick viel auf dpa verlassen - von einigen kritisiert und mit den bekannten Folgen.
Als Gipfelblogger weder mit dem Anspruch der Objektivität noch mit dem der Vollständigkeit angetreten, müssen wir uns da keine Vorwürfe machen. Und auch die angedrohte Superselbstreferentialität haben wir dann doch auf ein einigermaßen gesundes, blogübliches (unvermeidliches) Niveau beschränkt. Aber im Nachhinein sieht man natürlich doch, was wir im Gipfelblog besser hätten machen können, ein paar zusätzliche Ressourcen (wie wir sie ursprünglich eingeplant hätten) vorausgesetzt: Mehr nach draußen, mehr Überblick über die Verlautbarungen der einen wie der anderen Seite, mehr das aggregieren, was andere Medien Sinnvolles bringen, mehr Inhaltliches überhaupt, am Ende nicht noch so viele Geschicht(ch)en auf dem Zettel, Bilder in der Kamera und Eindrücke im Kopf, die dann doch ihren Weg hierhier nicht mehr gefunden haben. Oder die Tornadoflüge, von denen uns Campbewohner erzählten, dann doch hier schon während des Gipfels.
Kann man sich für eine Neuauflage dieser Sache hier ja alles mal merken.
Jetzt haue ich aber wirklich in den Sack*.
Nachtrag:Gerade noch bei YouTube entdeckt - ein technisches grauenhaftes Video über eine lustige Aktion. Etliche Dutzend Demonstranten machen sich lautstark während einer Live-Sendung von der NDR-Bühne in Kühlungsborn bemerkbar. Mitleid muss man aber mit der armen Moderatorin haben.